"Unsere Kirche
machen die nicht zu!"


Von Susanne Haverkamp

Im Oktober 2011 erfuhr die Gemeinde St. Barbara in Duisburg, dass ihre Kirche geschlossen wird. Aber sie fand sich mit dieser Entscheidung nicht ab. Heute ist sie immer noch offen - und wird komplett von Ehrenamtlichen geleitet.

Es war an einem Sonntag im Oktober 2011. Im Gottesdienst wurde der Pastoralplan für den Duisburger Norden verkündet. Für St. Barbara kam es ganz dicke: 2013 wird die Kirche geschlossen. „Zwei Tage später haben wir uns zusammengesetzt und entschieden: Das lassen wir uns nicht gefallen!"

Angelika Hoffmann kann sich heute noch empören über die Entscheidung des Bistums Essen über die Köpfe aller Betroffenen hinweg. „Es kam noch dazu, dass auch der Kindergarten, der baulich mit der Kirche verbunden ist, geschlossen werden sollte. Obwohl er überfüllt ist und unsere Gemeinde sehr aktiv." Nicht kleckern, klotzen!, beschloss die Ruhrgebietsgemeinde: Mahnwachen, Lichterprozession, öffentliche Briefe, mit zwei Bussen zum Bischof - und als der nicht mit den Duisburgern reden wollte, wurde die Kirche besetzt. „Da standen wir auf einmal im Fokus aller Medien."

Im Januar 2012 kam der Bischof zu einem Gespräch - gebracht hat es nichts. „Als Ende Januar wieder im Gottesdienst verkündet wurde, dass die Entscheidung bleibt, habe ich mich umgedreht und gesagt: ,Das wollen wir mal sehen.'"

„Uns war von Anfang an klar, dass wir alles alleine hinkriegen müssen", sagt Hoffmann. Alles, das heißt: Seelsorge, Caritas, Katechese, Geld. Denn nach St.Barbara sollte kein Euro Kirchensteuer mehr fließen. Ein Förderverein wurde gegründet, ein Finanzkonzept erarbeitet. „Etwa 30 000 Euro brauchen wir jährlich mindestens", sagt Hoffmann. Das Geld wird vor allem durch Feste, Spenden und die Vermietung von Räumen erwirtschaftet.

Die Gemeinde orientierte sich am „Fünf-Säulen-Modell" des


französischen Bistums Poitiers. Etwa 60 Ehrenamtliche verteilen sich auf die Säulen, und immer noch kommen welche hinzu. Die

„Liturgia" sorgt für Wortgottesdienste in der Woche, für eine Sonntagsmesse werden Priester vom nahegelegenen Kloster und Ruheständler „eingeworben". Die „Diakonia" sorgt für die caritative Arbeit. „Die Gruppe hat schon neue Projekte gestartet." Die „Koinonia" ist für die Gemeinschaft zuständig, „also alles, was Feste und gemeinsame Aktionen angeht". Die „Martyria" nimmt sich der Erstkommunion- und Firmkatechese an, gestaltet Gottesdienst im Kindergarten und in der Grundschule, hat Frauen, Senioren sowie die Kinder- und Jugendarbeit im Blick. Die „Oikonomia" kümmert sich ums Geld. „Wir mussten nicht alles neu erfinden", sagt Angelika Hoffmann. „Wir haben in unserer Gemeinde schon immer sehr selbstständig gearbeitet. Auch das Pfarrbüro oder Küsterdienste laufen schon lange ehrenamtlich."

Die Überraschung kam Mitte 2013: Das Bistum Essen nahm das Konzept der Gemeinde an. Aus den unbequemen Aufmüpfigen wurde ein Vorzeigeprojekt. Ohne finanzielle Unterstützung, aber zumindest

stehen ihnen die Ausbildungs- und Beratungsangebote des Bistums offen. Nach einer dreijährigen Probephase wird in diesem Herbst alles in vertragliche Vereinbarungen gegossen. „Natürlich ist es ein Kraftakt, alle bei der Stange zu halten", gibt „Motor" Angelika Hoffmann zu. Und sie will das Duisburger Projekt nicht ohne weiteres auf andere Orte übertragen. „Aber es geht mehr, als mancher denkt. Nur über die Köpfe aller hinweg geht gar nichts."

Aus der "KirchenZeitung für das Bistum Aachen"
15. Mai 2016,
71. Jahrgang Nr. 20