Predigt zum 26.
Sonntag im Jahreskreis B am 27. September 2015 |
Lesungen:
Num. 11, 25-29 und Jak. 5, 1-6 Evangelium: Mk. 9, 38-43.45.47-48 Autor: P.Heribert Graab S.J. |
Immer wieder auf’s neue fasziniert mich die Aktualität biblischer Texte. Gerade unter dieser Rücksicht heute nur einige kurze Impulse zu den Texten dieses Sonntags. In der alttestamentlichen Lesung fiel mir auf: Gottes Geist wirkt auch außerhalb der Gruppe derer, die ‚dazu gehören‘! Mose hatte eine Liste der ‚Ältesten‘ zusammengestellt, eine Liste also derer, die mit ihm selbst verantwortlich waren für die Leitung des Gottesvolkes. Zwei jedoch von denen, die auf der Liste standen, hatten sich ausgeklinkt und waren dem Ruf des Mose gar nicht erst gefolgt. Aber auch sie wurden von Gottes Geist erfüllt und redeten aus der Fülle dieses Geistes prophetisch. Sofort waren natürlich kleingeistige Ordnungshüter zur Stelle: „Mose, mein Herr, hindere sie daran!“ Wo soll denn das noch hinführen??? Die Antwort des Mose jedoch zeugt von einer bewundernswerten Weite: „Wenn nur das ganze Volk des Herrn zu Propheten würde,“ sagt er, „wenn nur der Herr seinen Geist auf sie alle legte!“ Genau diese Weite des Mose wünsche ich mir für unsere Kirche heute und ganz aktuell für die bevorstehende Synode. Es geht um jene Weite, die auch Jesus eigen ist. Im heutigen Evangelium etwa korrigiert Er die ängstliche Engstirnigkeit Seiner Jünger und gibt ihnen zu bedenken: „Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.“ Einen weiteren Impuls entnehme ich der zweiten Lesung aus dem Jakobusbrief: Da geht es nicht nur um die weit auseinanderklaffende Schere zwischen arm und reich. Da geht es vielmehr um jene kriminelle Energie, mit der sich‚ die Reichen‘ von den Armen abgrenzen und sie erbarmungslos ausbeuten. Durch ihr rücksichtslos egoistisches Habenwollen spalten sie das Volk, spalten sie die Gesellschaft und errichten Mauern - Mauern, wie sie heute im wörtlichen und im übertragenen Sinn beispielsweise gegen Flüchtlinge aufgerichtet werden und gegen all die, die sie willkommen heißen und die spöttisch und hochnäsig als ‚Gutmenschen‘ abgetan werden. Wenn ich nun alle drei Schriftlesungen im Kontext lese, dann scheint mir ihre Botschaft zu sein: Gottes Geist sprengt alle Mauern, die Menschen hochziehen. Und wir stellen uns immer dann gegen Gottes Geist, wenn wir neue Steine heranschleppen für Bau irgendeiner Mauer. Das gilt für den Mauerbau zwischen arm und reich, für den Mauerbau zwischen Völkern und Religionen und auch für den Mauerbau zwischen Vertretern unterschiedlicher Positionen in der Kirche. Gottes Geist reißt Mauern nieder. Das Wirken des Gottesgeistes ist bunt und vielfältig. Der Pfingstgeist überwindet Grenzen. Er versöhnt, schafft Frieden und bereichert durch Seine bunte Vielfalt. Amen. |