Predigt zum Karnevalssonntag,
dem 8. Sonntag im Jahreskreis 'C'
am 3. März 2019
Lesung:  Sir. 27, 4-7
Evangelium: Lk. 6, 39-45
Autor: P. Heribert Graab SJ
(gekürzt und überarbeitet nach der Predigt von 2001)
Ihr Schwestern, Brüder, Christenleute,
Ihr wißt schon, Karneval ist heute.
Da soll auch die Predigt sich närrisch entfalten
und streng sich an Reim und Versmaß halten.

Daß ich als Narr das heut will machen,
bedeutet nicht, Ihr müßt auch lachen.
Der Narr will nicht nur Späße treiben,
er muß, um wirklich Narr zu bleiben,
sowohl den Jungen wie den Alten
den Spiegel vor die Augen halten,
damit sie alle, Greis und Kind,
begreifen, wie sie wirklich sind.

Mit einer Nase im Gesicht
sich vieles gleich viel leichter spricht.
So konnten Hofnarren mit Klarheit
dem König sagen manche Wahrheit.
Ich denk, es ist uns allen klar:
der wirklich Weise ist der Narr.

Ein Weiser ist auch Jesus Sirach,           
ein Meister in der Narren Fach.
Mit seinen Sprüchen er provoziert           
und sagt die Wahrheit ungeniert.
Hinter den Bildern kaum versteckt           
der Dümmste noch sich selbst entdeckt.

Wir schütteln doch wohl ohne Liebe
durch unsrer Vorurteile Siebe
der lieben Nachbarn Wort und Taten
und haben dann- ihr dürft es raten -
im Sieb genau den Abfall drin,
den Jesus Sirach hatt‘ im Sinn.
Und glaubt nur nicht, der würd‘ vergraben
wir wollen schließlich uns an ihm laben,
wenn wir genüßlich drüber reden
und fast im siebten Himmel schweben,
weil des Nachbarn Schlechtigkeit
läßt leuchten unsre Gerechtigkeit.
Gemeinhin nennt man so was Tratsch.
Die Folge davon ist viel Knatsch.

Die Sprüche sind wie klare Spiegel.
Darauf geb ich euch Brief und Siegel.
Das gilt auch für den nächsten Spruch:
„Der Art des Baumes entspricht die Frucht.“

Das hatte auch Jesus Christus vor Augen:
„Erntet man etwa von Dornen Trauben?
Oder vielleicht von Disteln Feigen?“
So macht sich Jesus den Sirach zu eigen.

Aus unseren Früchten läßt sich erahnen,
wie wir denken, in welchen Bahnen.
Ein guter Mensch wirkt Gutes nur
Das Böse quillt aus verderbter Natur.
Es mag einer scheinen als „toller Hecht“ -
wenn er schlecht denkt, dann ist er schlecht.

Die Sprüche Jesu es uns verraten:
Auch er ist nach Art von Narren geraten.
Wie Narren mit scharfem Auge er sieht,
was täglich in dieser Welt geschieht.
Und was er sieht, das tut er kund -
ein Narr hält einfach nicht seinen Mund.

Ganz unerschrocken er konstatiert:
Das Volk wird durch blinde Führer regiert.
Als Folge - wie kann‘s anders ein? -
fall‘n beide in die Grube rein.

In unserer Kirche ist ein Fanal
natürlich der ganze Mißbrauchsskandal.
Der wurde vertuscht von Bischöfen gar,
und die sitzen jetzt - das ist doch wohl klar - 
ganz tief in der Grube, und das nicht allein:
Sie zogen die Kirche mit hinein.

Mit Blindheit sind heute auch geschlagen
alle, die in unsren Tagen
das Heil erwarten vom rechten Rand -
geschichtsvergessen und ohne Verstand.
Nationalismus und Fremdenhaß
sind alles and‘re als ein Spaß;
das sollte doch Krieg und Nazizeit
uns alle lehren weit und breit.

Blinde und blinde Führer von Blinden
könnt überall en masse Ihr finden.
Macht einfach Eure Augen auf;
dann stoßt Ihr auf Beispiele selbst zu Hauf.

Doch setzt Euch nicht zu hoch auf‘s Pferd;
das wäre im Sinne Jesu ganz verkehrt:
Denn Jesus spricht nicht vom Splitter nur,
den einer find‘t in des And‘ren Natur;
er mahnt auch, den Balken zu erkennen,
von dem wir selbst uns müssten trennen.
Das aber ist - wir wissen‘s gut -
‘ne Sache, die niemand gerne tut.

Wer in den Augen dieser Welt
sich immer den Klugen zugesellt,
ist in Wirklichkeit ein Tor,
kommt er sich auch sehr weise vor.

Wahre Menschen, Christen gar
gibt‘s nur in der Narrenschar.
Darum feiern Christen auch
Karneval nach altem Brauch.

So sag ich allen: Seid schön brav!
Und selbstverständlich: Kölle alaaf!