| Dazu eine Lesung von Wilhelm Willms nach dem Propheten Ezechiel: ezechiel
der prophet
 sieht einen BAUM
 einen großen üppigen baum
 mit vielen vielen vielen schonen
 blättern
 ein baum der seine äste
 und zweige ausbreitet
 weit weit über das land
 er sieht einen bäum
 mit vielen vielen blättern
 keine einzige frucht
 und da plötzlich
erscheint am himmel
 ein großer adler
 im sturzflug
 stößt er hinunter
 auf den baum zu
 und was will der adler
 was tut er
 er bricht aus der spitze des baumes
 ein winziges reis heraus
 ein winziges reis
 das ganz zart-grün ist
 mit knospen
 ein reis noch voller hoffnung
 und da trägt der große adler
dieses reis weg
 weit weg
 und pflanzt dieses reis
 irgendwo im land
 und das reis
 das zarte grün
 knospt und blüht
 es hat wurzel geschlagen
 es wächst empor zu einem baum
 der frucht bringt
 viel frucht
 ein baum
 in dem die vögel des himmels
 ihm nester bauen
 der alte baum
der große üppige
 was ist mit dem
 den sieht der prophet ezechiel
 verdorren
 absterben
 er ist ganz schnell tot
 wer hätte das gedacht
 man räumt ihn weg
 und er wird verbrannt
 Schon seit Wochen ist unsere Stadt geschmückt
mit hunderten von Christbäumen.
 In unseren Wohnungen gehören Christbäume
 zur Weihnacht einfach dazu.
 Auch aus unseren Kirchen sind sie in diesen festlichen Tagen
 nicht wegzudenken.
 Das war keineswegs immer so.
Im Mittelpunkt katholischer Weihnachtsfeiern
 stand ursprünglich nur die Krippe,
 die uns die Geschichte dieses Festes erzählt,
 die Geschichte von der Geburt Gottes als Mensch.
 Etwa seit dem 16. Jahrhundert
und dann vor allem im 19. und 20. Jahrhundert
 trat der Christbaum immer häufiger neben die Krippe
 und manchmal auch an die Stelle der Krippe.
 Nur die wenigsten von uns wissen wahrscheinlich,
daß der Christbaum eigentlich eine Anspielung
 auf den Lebensbaum des Paradieses ist -
 auf jenen Baum also,
 der in der Mitte des Paradiesgartens stand,
 und der ein Symbol göttlicher Lebenskraft war,
 die der Schöpfergott uns allen schenken wollte.
 Wir wissen aus dem Schöpfungsbericht der Bibel
und aus eigener Erfahrung,
 daß Menschen sehr bald schon und immer wieder
 diese Lebensfülle zerstört haben
 durch Egoismus, Größenwahn und Gewalt gegeneinander.
 Gerade in diesen Tagen lebt die Menschheit erneut 
in der Angst vor einem Krieg im Irak,
 der nichts anderes als Brudermord bedeutet
 wie in den Zeiten von Kain und Abel.
 Gerade in diesen Tagen wird uns besonders schmerzlich bewußt,
daß ausgerechnet Bethlehem seit Jahren heimgesucht wird
 von Terror und Krieg -
 ausgerechnet Bethlehem
 - jene Stadt, die gerade an Weihnachten in aller Munde ist
 als der Geburtsort Jesu Christi,
 den wir als den Friedensfürsten feiern;
 - jene Stadt, vor deren Toren die Engel den Hirten
 die weihnachtliche Botschaft verkündeten:
 „Ehre sei Gott in der Höhe
 und Friede den Menschen auf Erden!"
 Diese Botschaft behält zu allen Zeiten ihre Gültigkeit.
Diese Botschaft ist auch heute frohe Botschaft.
 Diese Botschaft bleibt auch nach den Feiertagen unser aller Aufgabe.
 Für diese Botschaft steht auch
der Christbaum als Lebensbaum.
 Als ein immergrüner Baum
 bezeugt er die Kraft des Lebens
 auch in der Winterzeit von Tod und Gewalt.
 Und seit es den Christbaum gibt,
tun gläubige Christen ein Übriges,
 seine Symbolkraft als Lebensbaum zu verdeutlichen:
 Sie schmücken ihn mit Lichtern.
 Und die sagen uns:
 Wir feiern die Geburt des wahren Lichtes
 in aller Dunkelheit dieser Welt.
 Wie es im Tagesevangelium des Weihnachtsfestes heißt:
 „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet,
 kam in die Welt!"
 Mehr noch:
Wir schmücken den Christbaum mit Früchten des Lebens,
 mit Gaben, die wir einander schenken
 als Zeichen jener Liebe,
 die Gott durch Seine Menschwerdung erneut in die Welt brachte.
 Heute hängen vielfach glitzernde Kugeln und manchmal auch Firlefanz
an den Christbäumen.
 Ursprünglich schmückte man den Christbaum
 mit wohlschmeckenden Früchten,
 vor allem mit Äpfeln.
 Und damit war ein weiterer Bezug hergestellt
 zu jenem Lebensbaum im Paradies,
 dessen Früchte ja nach volkstümlicher Tradition Äpfel
waren.
 Früchte des Lebens also trägt der Christbaum:
Früchte der Liebe,
 Früchte der Mitmenschlichkeit und der Gerechtigkeit,
 Früchte des Friedens.
 Mit diesen Früchten also laßt uns diesen Baum schmücken
- und auch den Baum unseres eigenen Lebens -
 damit der nicht so ärmlich und nutzlos herumsteht,
 so ärmlich und nutzlos wie jener Feigenbaum,
 den Jesus verflucht,
 weil er nichts als Blätter trägt
 und keine Früchte, die satt machen.
 Nicht viel mehr als Blätter von Papier
finden gar zu oft auch jene Menschen,
 die am Baum unseres Gemeinwesens
 Hilfe in ihrer sozialen Not suchen:
 Bürokratie - Blätter, Blätter, Blätter...
 Aber kaum etwas, was ihren Hunger
 nach Leben, Mitmenschlichkeit und Frieden stillt.
 Wir sollten sie an Weihnachten nicht vergessen!
 Vor allem aber wünsche ich Ihnen und uns allen,
daß die Botschaft des Christbaumes
 auch dann nicht in Vergessenheit gerät,
 wenn die Bäume aus Kirchen und Wohnzimmern entsorgt werden
 und der Alltag wieder einkehrt.
 Denn gerade im Alltag gilt es,
 wohlschmeckende und nährende Früchte zu tragen -
 wie der Baum des Lebens:
 Früchte des Glaubens an das Kind in der Krippe und sein Evangelium, 
Früchte des Vertrauens in eine von Gott geschenkte Zukunft,
 Früchte der Liebe in den Familien,
 in der Nachbarschaft, im Berufsleben,
 in der Gesellschaft insgesamt
 und - höre und staune - selbst in der großen Politik.
 Amen.  |