Erste Fastenpredigt
am 24. Februar 2007

Rahmenthema: "Weg-Marken"
Predigtthema:
"Die Sakramente der Eingliederung - Taufe und Firmung"
Lesung: Mt 3, 1-17
Autor: P. Ansgar Wiedenhaus S.J.
Was sind Sakramente? Bevor wir einsteigen in eine Predigtreihe über die Sakramente, ist es sicher gut, sich darüber kurz Gedanken zu machen.

Sakramente machen Gottes Liebe zu uns erfahrbar. Gott will, daß wir seine Liebe wahrnehmen können. Dies passiert auf ganz unterschiedliche Weise. In der Liebe zwischen Menschen wird seine Liebe zu uns erfahrbar. Die Schöpfung ist, mit den Augen des Glaubens gesehen, ein Erweis seiner Liebe, der sich im Wortsinne kreativ, schöpferisch äußert. Daß es uns gibt hat seinen Grund darin, daß Gott uns aus Liebe geschaffen hat. So gesehen kann die ganze Welt ein Sakrament sein. Damit wir aber diesen Blick auf die Welt einüben können, feiert die Kirche Sakramente in besonderer Weise. Denn wenn die ganze Welt Sakrament ist, dann kann uns diese Betrachtungsweise dadurch verlorengehen, daß wir hinter dem Alltäglichen Gottes liebende Gegenwart vergessen. Aus diesem Grund gibt es kirchliche Sakramente, in denen in feierlicher Form Gottes Liebe zu uns wahrnehmbar gemacht wird. Wie alle anderen Sakramente geben sie uns in der Beziehung zu Gott nichts Neues, sondern offenbaren uns, was immer schon der Fall ist. Nicht durch die Taufe also gehören wir Christus an, sondern in der Taufe wird uns zugesprochen, daß wir zu Christus gehören, nicht durch die Eucharistie haben wir Gemeinschaft mit Gott, sondern in der Eucharistie wird Gottes Gemeinschaft mit uns als wahrnehmbar gefeiert und in ähnlicher Weise gilt das für alle anderen Sakramente.

Was ist dann aber die Wirkung der Sakramente, von denen in den liturgischen Texten so oft die Rede ist? Wir reden doch davon, daß die Sakramente einen Nutzen, einen „Effekt“ haben, worin besteht der, wenn doch schon vor dem Empfang der Sakramente alles da ist. Und weiter: Worin besteht die so oft genannte „Heilsnotwendigkeit“ der Sakramente?

Wenn wir uns an das oben beschriebene halten, dann ist die Antwort ganz einfach. Ein Sakrament macht das „Ich liebe dich“ Gottes vernehmbar. Und die Wirkung ist genau die gleiche, die ein „Ich liebe dich“ zwischen Menschen hat. Die meisten werden das Gefühl kennen, daß man sich verwandelt fühlt, wenn ein geliebter Mensch einem diese drei Worte sagt. Alles scheint dadurch zu leuchten und man selbst und die Welt scheinen verwandelt. Man fühlt sich im Innersten berührt und heil. Das ist auch die Wirkung der Sakramente und heilsnotwendig sind sie darum, weil wir es nötig haben, uns immer wieder sagen zu lassen, daß Gott uns liebt. Wir können uns das nicht selber sagen. Beim Wort „heilsnotwendig“ glauben viele, es geht darum, wer in den Himmel kommt oder ähnliches, aber das stimmt nicht. Vielmehr geht es darum, daß wir schon hier heil werden und durch die Zusage von Gottes Liebe befreit werden von der Angst um uns selbst, in einer Welt, die oft so dunkel und gottlos zu sein scheint. Also: Sakramente zeigen uns, was immer schon der Fall ist, daß wir in Gott geborgen sind, mit ihm Gemeinschaft haben und schon in dieser Welt seine Gegenwart erfahren und unsererseits sichtbar machen dürfen.

Damit kommen wir zum „Einstiegssakrament“, der Taufe. Hierbei geht es um Gottes allererste Zusage: „Ich bin froh, daß es dich gibt“. Diese Zusage ist einmalig, unwiderruflich. Gott gibt uns niemals auf, wir können nicht aus seiner liebenden Gemeinschaft herausfallen. Darum ist die Taufe ebenfalls einmalig. Auch wenn man konvertiert, oder nach langer Zeit der Abwesenheit erst wieder in die Kirche zurückfindet: Die Taufe wird nicht wiederholt, um auszudrücken, daß Gott sein Ja zu uns niemals aufgegeben hat. Wenn wir dann im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes taufen, dann drücken wir damit aus, wie unsere Stellung zu Gott ist, daß wir in eine Liebesbeziehung mit hineingenommen sind. Ein Mitbruder hat dazu ein schönes Beispiel gegeben: Eine Tochter will mit ihrem kleinen Sohn ihre Mutter mit einem Besuch überraschen. Sie drückt dem Kleinen einen Blumenstrauß in die Hand, klingelt an der Haustür und verschwindet hinter einer Hausecke. Die Mutter macht auf und vor ihr steht der Junge, schaut zu ihr rauf, streckt ihr die Blumen entgegen und sagt mit einem etwas trotzigen Gesicht „Da!“. Der Sohn weiß in diesem Augenblick nicht, wovon er gerade ein Teil ist, aber Mutter und Tochter wissen es nicht und schließen ihn in ihre Liebe ein. So sind wir in die Liebesbeziehung Gottes hineingenommen, und die drückt sich aus im Zueinander von Vater, Sohn und Heiligem Geist.

Die Taufe wird dann ausgedeutet und zwar mit einem sehr starken Symbol, der Salbung. Vom Alten Testament her kennen wir nur drei Personengruppen, die gesalbt werden: Priester, Könige und Propheten. In der Taufe wird ausgedrückt, daß wir dieselbe Berufung haben. Wir haben eine priesterliche Berufung darin, Gottes Gegenwart unter den Menschen zu feiern und zu verkünden, wir haben eine königliche Berufung, da wir Bürgerrecht mit allen Rechten und Pflichten in Kirche und Welt haben und wir haben eine prophetische Berufung, denn es liegt an uns, den Menschen zu sagen, wie gut Gott von ihnen denkt und immer wieder der Welt zu sagen, wie es um sie steht. Verstärkt wird gerade diese letzte Bedeutung durch den sogenannten Effat-, „Öffne dich“-Ritus, in dem wir Gott bitten, uns Ohren und Mund zu öffnen, um sein Wort zu hören und zu verkünden. In dieser Bedeutung der Taufe als Zusage, daß wir zu Gott gehören und eine Berufung in Kirche und Welt haben ist es sogar möglich, Kinder zu taufen, denn diese Zusage gilt auch dann, wenn der Täufling selber sich noch nicht dazu verhalten kann. Denn ob wir es wissen oder nicht: Wir gehören zu Gott und es ist unsere Berufung, als liebende und geliebte Menschen ihn in der Welt erfahrbar zu machen. Darüberhinaus wird der Getaufte in eine Gemeinschaft hineingestellt, die sich für ihn verantwortlich fühlen und in dieser und Berufung stärken und tragen soll.

Und dann kommt irgendwann die Firmung.

Wenn wir nur Erwachsene tauften, bräuchten wir keine Firmung. Und leider ist es so, daß eine große Hilflosigkeit besteht, wenn es um dieses Sakrament geht. In manchen Katechesen wird immer noch gelehrt, daß man in der Firmung den Heiligen Geist bekäme. Das ist ein völliger Unsinn. Denn was war dann mit uns vor der Firmung? Wir können doch gar nicht ohne Gottes Gemeinschaft, ohne den Heiligen Geist leben. Dann gibt es Katechesen, in denen die persönliche Entscheidung sehr in den Mittelpunkt gestellt wird. Das ist nicht völlig verkehrt, vergißt aber, daß Entscheidungen und Zugehörigkeiten wachsen und nicht mit einem Mal da sind. Was also ist die Firmung? Wie in jedem Sakrament steht auch hier eine Zusage im Zentrum. Gott traut uns zu, daß wir für seine Kirche Verantwortung übernehmen. Wie in jeder Beziehung ist es auch in der Liebe zu Gott wichtig, daß man die Möglichkeit erhält, seine Liebe auszudrücken. In der Firmung wird uns zugesagt, daß Gott uns sein Wort, seine Sakramente, die Menschen, die er so sehr liebt und die ganze Welt in unsere Verantwortung gibt. Das hört sich jetzt erst einmal nach einer riesigen Überforderung an, aber dahinter steht doch immer noch er, der uns in der Hand hält. Diese Kirche, in der wir leben ist fehlerhaft, oft rückständig und arm – menschlich eben. Aber Gott gibt uns darin ein Zuhause und will, daß wir für dieses Zuhause Verantwortung übernehmen. Es ist ein bißchen wie in John F. Kennedys bekannter Aufforderung: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann. Frage, was du für dein Land tun kannst“. Darum ist es ein Elend, wenn wir den Gefirmten nicht deutlich machen können, wie wichtig sie für unsere Kirche sind. Natürlich ist die Firmung ein hohle Angelegenheit, wenn alles danach weitergeht wie bisher. Aber wie wichtig ist z. B. die Weltsicht der Jugendlichen für uns. Ich kann doch z. B. keinen Gottesdienst für Jugendliche „machen“. Die Jugendlichen müssen mir doch sagen, wie sie Gott erleben und feiern möchten. Und so zieht sich das durch alle Altersklassen und Gesellschaftsschichten durch. Wir haben Verantwortung für die Kirche und füreinander. Wir müssen einander in den schweren Zeiten stützen, einander erzählen, wie wir Gott erleben, einander ermutigen und manchmal auch ermahnen, wenn einer von uns auf Wegen geht, die nirgends hinführen. Nur der Ort ist doch wirklich ein Zuhause für uns, den wir auch mitgestalten und wo wir uns als aktiv beteiligt erleben. Niemand ist dabei überflüssig und niemand soll darin fehlen. Manche brauchen die Kirche vor allem als Stütze, und das ist gut, denn dann hat auch der Schwermut, die Hilfsbedürftigkeit und die Not ihren Platz bei uns. Manche können viel tun, manche wenig und manche müssen sich einfach tragen lassen, aber jeder hat hier seinen Platz. Niemand ist zu gut oder zu schlecht und alle sind eine Bereicherung. Nur so wird die Kirche ein lebendiger Ort, der Sakrament wird für die ganze Welt. Und so erfüllen wir als liebende und geliebte Menschen unsere Berufung, die uns in der Taufe verkündet wurde: Gott Mensch werden zu lassen unter uns.