Büttenpredigt zum Karnevalssonntag 
am 2. März 2003
Eine „Friedenspredigt" von P.Heribert Graab S.J. auf dem aktuellen weltpolitischen Hintergrund, im Blick auf den zweiten Teil des Sonntagsevangeliums (Mk. 2, 21-22). Viele Verse der Predigt verdanke ich so oder ähnlich dem Büchlein „Büttenpredigten" von Claus-Peter März im Benno-Verlag, Leipzig (2003).
Grüß Gott, ihr lieben Niedersachsen!
Übt Geduld und laßt sie wachsen,
wenn auch nach vieler Jahre Frist
Eu‘r Pfarrer den Karneval nicht vergißt.

Ich habe lange nachgedacht,
ob diesmal es sei angebracht,
die Karnevalspredigt in Verse zu schmieden,
da ernsthaft auf Erden bedroht ist der Frieden.

Vielleicht jedoch g‘rad dieses Jahr
die Welt braucht sehr die Narrenschar.
Die Blumen in der Gewehre Lauf
weisen die Jecken als friedlich aus.
Wer in der Welt wird auf Frieden beharren?
Bis hin zum Papst sind das alles nur Narren!

Ich selbst bin ein Narr, ich weiß es genau,
wenn immer in diese Kerbe ich hau‘.
Ich bitt euch, schaltet dennoch nicht ab,
der Glaube hält uns auf Friedenstrab.

Zunächst sollten wir unterscheiden können
und Dummköpfe nicht einfach „Narren" nennen.
Ein Dummkopf - bitte seid ganz Ohr -
in biblischer Sprache ist ein „Tor".
Und wer Krieg plant ganz vermessen,
ist vom Wahnsinn gar besessen.
Ein „Narr" dagegen ist wahrhaft weise.
Das lehrt durch die Bergpredigt eine Reise:

Da soll dem Mann, der mich geschlagen,
ich nicht einmal die Meinung sagen?
Statt dessen still mit frommem Sinn
die andere Wange halten hin? (Mt. 5, 39)
Und den nicht packen, der gesonnen,
an meine Habe ‘ranzukommen? 
Und wer mein Hemd gar fordert ein,
dem geb‘ ich den Mantel obendrein? (Mt. 5, 40)
Wenn das nicht eines Narren Sicht,
dann frag ich mich, was närrisch ist.

Ein solcher Narr ist Jesus Christ:
Er steht für Frieden! Daß ihr‘s wißt!
Gewalt ist ihm zutiefst verhaßt
schon wer nur zürnt, ist reif für‘n Knast. (Mt. 5, 22)

Jesus kam, die Welt zu wandeln.
Und das belegt er durch sein Handeln.
Im Dienst des Lebens stand ganz und gar,
was er auch sagte und was er war.
Drum überall, wo er auch weilte,
Gebrechen aller Art er heilte:
Lahme konnten wieder geh‘n,
Blinde neu die Sonne seh‘n.
Und mancher, der von Angst gehetzt,
und von Dämonen war besetzt,
stand plötzlich auf als freier Mann:
Es rührt ihn neu das Leben an.

Genau das ist des Pudels Kern:
den Menschen, sein Leben hat Jesus gern.
Drum hat er die todgeweihte Welt
ganz einfach auf den Kopf gestellt:
Sein Reich des Friedens hat neu er kreiert,
wenn auch das Alte bis heute regiert:
Macht und Gewalt und viele Intrigen,
Spekulation und politische Lügen.
Da könnt ihr den Saddam Hussein betrachten,
fast so wie die, die ihn entmachten.
Zuletzt zahlen immer die Kleinen die Spesen
Der Herr jedoch fegt mit ganz neuen Besen.

Im Evangelium habt ihr‘s gehört:
Sehr radikal auf Neues er schwört:
Die alte Welt ist so verschlissen,
daß neuer Stoff würd‘ abgerissen.
Und brüchig ist sie obendrein:
Zerreißen würd sie neuer Wein.

Habt also Augen zu sehen und seht:
Altes in unserer Welt vergeht!
Habt also Ohren zu hören und hört:
Halbe Sachen sind verkehrt!
"Ein bißchen Krieg ist nicht so schlimm,
hat man den Frieden danach im Sinn."

Gewiß, die Bibel malt öfter Schwarz-Weiß.
Zu radikal sei sie, manchmal es heißt.
"Die Realität dreht dir ‘nen Strick:
Die Bibel paßt nicht für Politik."
So haben selbst Christen sich abgefunden,
daß unsere Hände scheinen gebunden.

Doch Jesus wollt‘ wohl provozieren
die stets und immer resignieren,
weil Unheil halt die Welt regiert
und Widerstand zu gar nichts führt.
Wollt er vielleicht uns animieren,
wir sollten‘s doch einmal probieren,
wo man sich an Gewalt gewöhnt 
- auch wenn ein jeder drunter stöhnt -
uns auf dem Absatz umzudrehen
und einfach andersrum zu gehen?
Stellt einfach der Gewalt ein Bein
und spürt: Es könnt ganz anders sein.

Da werden manche mich jetzt fragen:
Was nutzt‘s, Visionen aufzusagen?
Ein schönes Zeichen sind Lichterketten;
doch werden im Irak sie Kinder retten?

Jetzt schaut die Sache mal andersrum:
Wäre es besser, wir blieben stumm?
Oder würden gar mit den Wölfen heulen,
wenn‘s darum geht, die Welt zu verteilen?

Ich meine, wenn alles so bleibt, wie es ist,
ist das der denkbar größte Mist!
Zuviele lassen sich darauf ein,
weil jeder denkt das muß so sein.

Da zieht nun herauf des Narren Stunde,
er ruft es hinaus mit vollem Munde:
Ihr meint, ihr kämt‘ so froh und heiter
auf diesen schlimmen Wegen weiter?
Das ist ein trügerischer Traum;
Gewalt fährt die Welt ganz sicher vor‘n Baum!
Ihr müßt schon neue Wege geh‘n
und klarer neue Chancen seh‘n.
Grad ihr müßt sagen: Wir fangen‘s an.
Dann wird man sehen, was man kann.

Ich denke, das wollte Jesus erreichen:
Daß wir als Narren setzen Zeichen
wider allen bösen Geist,
der Menschen auseinander reißt;
wider allen Eigensinn,
der nur kennt eigenen Gewinn;
wider Zwänge und Gewalt,
für die der Kleine stets bezahlt.
Sagt laut: Das alte Kleid ist hin!
Die Zuknuft steckt im Neuen drin.

Und dieses Neue - das ist klar -
stellt sich in Jesu Botschaft dar.
Bevor ich dazu Amen sage,
nehmt auf den Weg noch mit die Frage:
Hab‘n wir noch soviel Narrensinn,
zu glauben, da stecken Chancen drin?
Könn‘n wir mit Jesu Augen seh‘n
und hoffnungsvoll neue Wege geh‘n?
Wenn etwas von solchem Glauben wir haben,
dann sag ich ganz getrost jetzt Amen.