Predigt zur Auferstehungsmesse
für Peter Breitenbach

am 21. Dezember 2005
1. Lesung: Weish. 4, 7-10a . 13 . 14a . 15
2. Lesung: 1. Kor. 13, 9-13
Evangelium: Joh. 11, 21 - 27
Autor: P. Heribert Graab S.J.
Solang es Menschen gibt auf Erden,
war und ist der Tod für sie wie ein Stachel im Fleisch.
Letztendlich haben Menschen sich nie mit dem Tod abgefunden.
Und wenn er unerwartet früh kommt,
begehrt erst recht alles in uns gegen ihn auf.

Diese Erfahrung wühlt in dieser Stunde jeden von uns auf -
manche vielleicht zum ersten Mal.
Und doch haben sich Menschen schon vor mehr als 2000 Jahren
mit den bedrängenden Fragen herumgeschlagen,
mit denen uns heute dieser frühe Tod konfrontiert.
Damals hat im ägyptischen Alexandrien
der Autor des Buches der Weisheit
eine Antwort versucht.
Wir haben sie in der ersten Lesung gehört.

Schon damals waren die Menschen in Versuchung,
•    sich in hoffnungsloser Trauer treiben zu lassen,
•    sich fatalistisch und resigniert der grausamen Wirklichkeit zu beugen,
•    sich eventuell auch dagegen aufzulehnen -
    nur um wenig später doch zu erkennen, daß alle Auflehnung vergeblich ist. 

Der jüdische Weise in der ägyptischen Diaspora
geht einen anderen, einen doppelten Weg:
inspiriert durch hellenistische Weisheitstradition erkennt er,
daß nicht die Zahl der Jahre
den Wert und die Bedeutung des menschlichen Lebens ausmacht.
Wichtiger und letztlich entscheidend
scheint ihm „Klugheit" zu sein und ein „Leben ohne Tadel".
Wäre er heute unter uns, und hätte er Peter Breitenbach gekannt,
würde er vielleicht noch andere Kriterien nennen.
Vielleicht würde er sagen:
Peter hat mit seiner Musik,  mit seiner Improvisationskunst,
überhaupt mit seiner künstlerischen Sensibilität
das Leben seiner Mitmenschen reicher gemacht.
Er hat als Lehrer und Freund für viele - zumal junge Menschen
das Leben lebenswert gemacht
und etwas vom Sinn dieses Lebens erschlossen.
So hat er - obwohl früh vollendet - doch ein volles Leben gehabt.

Jener jüdische Alexandriner nimmt aber nicht nur die Weisheit seiner Zeit auf,
er greift in einer säkularen Welt
auch auf die religiösen Traditionen seines Volkes zurück.
Er würde vermutlich heute auch uns sagen:
Peter „gefiel Gott und wurde von Ihm geliebt".
Und da er die „Gnade und das Erbarmen" Gottes fand,
wurde er hinweggenommen „aus der Mitte der Bösen",
d.h. aus allen Unzulänglichkeiten dieser Welt und der Menschen -
und sogar hinweggenommen aus den Unzulänglichkeiten
seiner selbst und seiner eigenen Lebensbewältigung.
All das wurde ja auch für ihn nicht selten zu einer wirklichen Last.

Vor allem im privaten Bereich hat Peter Breitenbach
oft und schon von klein auf erkennen müssen,
wie sehr vieles von dem, was unser Leben ausmacht,
„Stückwerk" ist - um hier jetzt die Terminologie des Paulus
aus der zweiten Lesung aus dem Korintherbrief aufzugreifen.
Als überzeugter Christ, Religionslehrer und auch Kirchenmusiker
kannte er selbstverständlich diesen Text.
Vielleicht hat er diesen Text manchmal sogar gelesen
als Interpretationshilfe für sein eigenes Leben:
„Jetzt schauen wir (wie) in einen Spiegel
und sehen nur rätselhafte Umrisse."

Darauf könnte ein Lied hinweisen,
das wir zum Abschluß dieses Gottesdienstes von der CD hören werden.
Auf dieses Lied war der Recorder im Auto von Peter Breitenbach eingestellt.
Einige Textzeilen möchte ich zitieren:
„Wie kann es sein, daß Zufriedenheit verblaßt,
und plötzlich irgendwie gar nichts mehr paßt?
Wie kann es sein, daß das Glück sich verkehrt
und offenbar jede Lösung verwehrt?"

Manchmal erscheint das Leben wirklich wie ein zerbrochener Spiegel.
Die Frage ist, ob wir aus der Hoffnung leben
und auf das vertrauen können,
was in den folgenden Worten des Paulus zum Ausdruck kommt:
„Dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht.
Jetzt erkenne ich unvollkommen,
dann aber werde ich durch und durch erkennen,
so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin."
„Wenn (also nun) das Vollendete kommt, vergeht alles Stückwerk."

Jeder und jede von uns wird heute und in der nächsten Zeit
einen eigenen Weg finden,
mit diesem Tod hilfreich umzugehen
oder auch die Fragen, die er aufwirft, wieder zu verdrängen.
Ich selbst bin dankbar und auch glücklich,
Ihnen die tröstende Botschaft verkünden zu dürfen,
die aus dem Glauben jenes alexandrinischen Weisen resultiert,
und auch aus dem Glauben der Martha von Bethanien,
und aus dem Glauben des Paulus,
und aus dem Glauben, den ich mit Peter Breitenbach teile.

Martha „weiß" aus diesem Glauben, „daß er auferstehen wird".
Und Jesus ergänzt ihr Bekenntnis mit Seiner Selbstoffenbarung:
„Ich bin die Auferstehung und das Leben;
wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt."
Diesen hoffnungsfrohen Glauben wünsche ich von ganzem Herzen
Dir, lieber Hans, Dir, lieber Thomas,
und Ihnen allen, die Sie um Peter Breitenbach trauern.

Amen.