Predigt zum Valentinstag
am 14. Februar 2006
"Wie erhält man die Liebe am Leben?"

Lesung: Röm 12, 9-21
Autorin: Mechthild Jose-Thumbeck
Vielleicht haben wir uns alle einmal diese Frage gestellt:
Wie erhält man die Liebe am Leben?
Aber kann man das überhaupt, die Liebe am Leben erhalten?
Entweder ist sie doch da oder sie ist weg.
Irgendwann hat sie einen einmal übermächtigt,
ohne eigenes Denken und Wollen.
Und in dem Moment, wo man sich diese Frage stellt,
ist sie schon längst im Begriff,
sich zu verabschieden, ganz heimlich still und leise.
Gefühle kommen und gehen, sie wandeln sich und verblassen.
Das ist der Lauf der Dinge. Die Liebe kommt, die Liebe geht.

Aber ist das wirklich so?
Ist die Liebe zwischen zwei Menschen nicht mehr
als ein Sammelsurium von Gefühlen und Emotionen?
Diejenigen, die schon länger in einer Beziehung leben,
werden sicherlich bestätigen können:
Zur Liebe gehört eine ganze Menge.

Vertrauen, Offenheit, Ehrlichkeit.
Toleranz und Akzeptanz.
Den anderen so nehmen, wie er ist.
Kommunikation und konstruktive Konfliktlösung.
Solidarität, gegenseitige Unterstützung,
gemeinsam durch dick und dünn gehen.
Gemeinsame Interessen, Hobbys und Freunde.
Sich in der Beziehung nicht eingeengt fühlen.
Seine Freiheiten behalten können.
Gemeinsame lebenslange Verantwortung
für Kinder und Enkelkinder.
Übereinstimmende Werte und Ansichten,
die gleiche so genannte Wellenlänge.

All diese Zutaten ergeben gleichsam ein Rezept,
ein Erfolgsrezept stabiler, glücklicher Beziehungen.
Das jedenfalls will eine soziologische Studie herausgefunden haben,
die das Geheimnis glücklicher Ehen lüften wollte.
(in: Psychologie Heute, 30. Jahrgang, Heft 7: „Was ihre Ehe stark macht.)
Rund 700 in erster Ehe verheirateten Paaren stellt sie die Frage:
Was hält ihre Ehe zusammen?
Auffallend bei den gegebenen Antworten:
eine zufrieden stellende sexuelle Beziehung bildet
das Schlusslicht unter den Antworten.

„Wasser auf die Mühlen" also für die Katholische Amtskirche?
Die hat ja immer schon vor der Überbewertung
der sexuellen Lust und Begierde gewarnt
und den Menschen dementsprechend ins Gewissen geredet.
Ist das auch wieder einmal das Anliegen der neuen,
der ersten Enzyklika Papst Benedikts XVI.?
Wer davon ausgeht, dass er eh schon weiß,
was die Katholische Kirche bzw. der Papst
über die Liebe denkt, ist diesmal auf dem Holzweg.
Es lohnt sich wirklich einmal,
einen Blick in dieses Schreiben zu werfen.
Auch die für manchen sonst eher anstrengende
und ermüdende Sprache einer Enzyklika
ist diesmal eine andere.
Vielleicht liegt es einfach am Thema!
„Deus caritas est - Gott ist die Liebe" so lauten Titel und Thema.
Nichts anderes ist die Quintessenz unseres christlichen Glaubens,
ja unserer menschlichen Existenz überhaupt:
Wir leben, weil Gott uns liebt.
Oder um es mit den Worten der Enzyklika zu sagen:
„Die Liebe Gottes zu uns ist eine Grundfrage des Lebens
und wirft entscheidene Fragen danach auf,
wer Gott ist und wer wir selbst sind."

Und wer ist Gott? - Gott ist die Liebe, deus caritas est.
Und wer sind wir? - Wir sind seine Geschöpfe,
erschaffen durch seine Liebe.
„Solo Dios basta" - Gott allein genügt,
Gott und sonst nix - so die Heilige Theresa von Avila.
Die Antwort auf dieses Geschenk Gottes
gibt der Heilige Augustinus mit seinen Worten:
„Liebe - und tue was du willst."

Im Leben aber kommt es nicht nur darauf an,
wer wir sind, sondern auch was wir tun.
Deshalb widmet sich die Enzyklika
nicht nur rein theoretisch, sprich philosophisch
und theologisch, dem Wesen der Liebe.
Sondern sie legt den Augenmerk genauso stark
auf das konkrete Tun, die Caritas,
das Liebestun der Kirche
in ihren zahlreichen Formen und Organisationen.

Im Leben kommt es nicht nur darauf an, wer wir sind,
sondern auch was wir tun.
Das gilt auch für die Beziehung zu unseren Partnern.
Für die Liebe muss man etwas tun!
Nicht gerade eine neue Erkenntnis.
Bewusst machen müssen wir uns das trotzdem immer wieder.
Liebe will gepflegt werden, sie will ernährt werden.
Ein Herz einmal zu erwecken
erfordert zwar Zeit, Energie und Aufmerksamkeit.
Aber es reicht nicht aus,
nur ein einziges Mal ein Herz erweckt zu haben.
Es muss immer wieder von neuem erweckt werden.
Gibt es dafür ein Patentrezept?

Nun - das, was wir eben in der Lesung des Römerbriefes
gehört haben, könnte so etwas sein wie ein Verhaltenscodex,
der dazu beiträgt, wie man die Liebe am Leben erhält.
Ich zitiere nochmals einige Passagen:

„Haltet fern von der Liebe, was ihr schadet
und sucht, was ihr gut tut.
Geht miteinander in der Haltung liebevoller und gegenseitiger Achtung um.
Seid eifrig im Bemühen umeinander,
macht euch immer wieder euer Tun bewusst
und hört auf das Wort Gottes.
Haltet einander fest in Zeiten der Bedrängnis
und vertraut auf das Gebet.
Nehmt Anteil am Leben andrer Menschen
und gewährt ihnen Gastfreundschaft.
Strebt nach einer gemeinsamen Gesinnung,
in der ihr nicht Macht, Ruhm und Besitz sucht,
sondern Bescheidenheit, Ehrfurcht und Gemeinschaft.
Erwidert keinen Fehler, den jemand anderes an euch begeht,
mit einem eigen Fehler." (Röm 12,9-18)

Soweit die Worte aus dem Römerbrief.
Übersetzt in unser heutiges Leben
könnte diese „Liebesregel'' so lauten:

„Zeigt dem Partner eure Wertschätzung und Anerkennung
mit lieben Worten und Komplimenten.
Haltet euch mit Nörgeleien und Kritik zurück.
Und wenn ihr doch einmal Kritik üben müsst,
so tut es in sanfter, behutsamer und rücksichtsvoller Form.
Vergeßt nicht, jeden Tag euren Partner - und auch eure Kinder! -
zu umarmen und zu küssen.
Seid stets treue Freunde, die sich gegenseitig unterstützen.
Bringt eure Gefühle und Bedürfnisse zum Ausdruck.
Bedankt euch so oft wie möglich bei eurem Partner,
und zwar nicht in allgemeinen Formulierungen,
sondern sehr detailliert. Zum Beispiel:
„Vielen Dank, dass du mir heute mein Lieblingsessen gekocht hast."
Anstatt: „Ich danke dir, dass du dir immer so viel Mühe gibst."

Und wenn ihr böse auf euren Partner seid,
oder vielleicht auch nur deprimiert,
dann stellt ihm Fragen,
lasst ihn einfach sprechen und hört einfach nur zu.

Akzeptiert die Unvollkommenheit eures Partners,
statt ihn beherrschen oder verändern zu wollen,
damit er nicht so wird, wie ihr ihn euch wünscht.

Verzeiht dem anderen
und bittet auch ihr ihn um Verzeihung.

Und - das gilt nicht nur für die so genannte fünfte Jahreszeit -
betrachtet euch selbst mit Humor!

Das sind einige Beispiele,
wie man heutzutage meiner Meinung nach
die Liebe am Leben erhalten kann.
Die Stelle im Römerbrief hat sich vielleicht
auch der Heilige Valentin zu Herzen genommen.
Seine Wertschätzung und Achtung vor der Liebe von Menschen
brachte er zum Ausdruck,
indem er Liebespaaren Blumen schenkte.
Es überrascht mich nicht, dass der Heilige Valentin
als Zeichen seiner Liebe zu den Menschen
eine Blume auswählte.
Eine Blume ist ein Geschöpf Gottes.
Eine Pflanze, die wächst, blüht, verwelkt und vergeht.
Einen ganzen Lebensprozess durchläuft sie.
So wie die Pflanze für ihr Gedeihen
einen guten Standort, Wasser, Nahrung,
Licht und Wärme braucht,
so benötigt auch unsere Liebe Nahrung für ihr Gelingen.

Deswegen tut es gut, zu wissen,
dass wir mit unserer Liebe nicht allein sind.
Wir können sie immer wieder vor Gott bringen
und unter seinen besonderen Segen stellen.
Sein Segen schenkt Kraft und Zuversicht,
er macht heil, was verwundet ist,
er richtet uns auf und schenkt uns neues Leben.
Eine Art Wachstumskraft für unsere Liebe
will der Segen Gottes für uns sein.
Dazu sind Sie am Ende dieses Gottesdienstes herzlich eingeladen.

Amen.