Die Himmelfahrt Jesu


Die biblischen Texte:

Matthäusevangelium 28, 16 - 20:

Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte. Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber hatten Zweifel. Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,  und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.

Lukasevangelium 24, 48 - 53:

Jesus sagte: "Ihr seid meine Zeugen. Und ich werde die Gabe, die mein Vater veheißen hat, zu euch herabsenden. Bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft aus der Höhe erfüllt werdet." Dann führte er sie hinaus in die Nähe von Betanien. Dort erhob er seine Hände und segnete sie. Und während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben; sie aber fielen vor ihm nieder. Dann kehrten sie in großer Freude nach Jerusalem zurück. Und sie waren immer im Tempel und priesen Gott.

Apostelgeschichte 1, 8-12:
 
Jesus sagte: "Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde." Als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken. Während sie unverwandt ihm nach zum Himmel emporschauten, standen plötzlich zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen und sagten: "Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen." Dann kehrten sie vom Ölberg, der nur einen Sabbatweg von Jerusalem entfernt ist, nach Jerusalem zurück.

JüngerBotschaft des "Engels" an die JüngerInnen.
Engel

Das biblische Bild der "Wolke" als Synonym für Gott:

Die Geschichte vom Auszug Israels aus Ägypten:

Der Herr zog vor ihnen her, bei Tag in einer Woikensäule, um ihnen den Weg zu
zeigen, bei Nacht in einer Feuersäule, um Ihnen zu leuchten. (Ex. 13, 21)

In der Wüste Sin, als Israel gegen den Herrn murrte:

Mose sagte zu Aaron: Sag der ganzen Gemeinde der Israeliten: Tretet hin vor den Herrn; denn er hat euer Murren gehört. Während Aaron zur ganzen Gemeinde der Israeliten sprach, wandten sie sich zur Wüste hin. Da erschien plötzlich in der Wolke die Herrlichkeit des Herrn. (Ex. 16, 9 f.)

Bei der Gesetzgebung auf dem Sinai:

Dann stieg Mose auf den Berg, und die Wolke bedeckte den Berg. Die Herrlichkeit des Herrn ließ sich auf den Sinai herab, und die Wolke bedeckte den Berg sechs Tage lang. Am Siebten Tag lief der Herr mitten aus der Wolke Mose herbei... Mose ging mitten in die Wolke hinein und stieg auf den Berg hinauf. Vierzig Tage und vierzig Nächte blieb Mose auf dem Berg. (Ex. 24, 15 -18)

Bei der Einweihung des Tempels Salomos:

Als die Priester dann aus dem Heiligtum traten, erfüllte die Wolke das Haus des
Herrn. Sie konnten wegen der Wolke ihren Dienst nicht verrichten; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus des Herrn. (1.Kön. 8, 10 f.)

Bei der Verklärung Jesu:

Noch während er (Petrus) redete, warf eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke riefeine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. (Mt. 17,5pp)

Erklärung:

Die "Wolke" - ein Schlüsselbegriff  
Es war kein Bildreporter dabei, als sich ereignete, was uns die Jüngerinnen und Jünger Jesu als die Himmelfahrt des Christus überliefert haben. Und wäre einer dabei gewesen, hätte er möglicherweise nichts auf seinem Film festhalten können - so wenig wie sein Kollege am Ostermorgen etwas vom Geschehen der Auferstehung auf die Platte hätte bannen können. Was sich an Ostern und auch an Himmelfahrt ereignet, spielt sich wesentlich im "Göttlichen Bereich" ab und ist damit für unsere Vorstellungskraft und erst recht für unsere noch so moderne Bildtechnik unzugänglich.
Die Alten wußten um dieses göttliche Geheimnis, das sich erst dem Glauben erschließt, und wählten Metaphern, um die Wirklichkeit des Glaubens annäherungsweise zur Sprache zu bringen. Die "Wolke" ist eine solche Metapher: Für den naturwissenschaftlich noch nicht aufggeklärten Menschen ist die Wolke äußerst geheimnisvoll:  Ständig in Bewegung erweckt sie den Eindruck lebendig zu sein; undurchschaubar wird sie gar zur Gefahr für denjenigen, der in ihren Bannkreis gerät; nicht zu fassen und zu "begreifen", ist sie doch Wirklichkeit. So wird sie zum Bild und Gleichnis für den geheimnisvollen und unbegreiflichen Gott. Die "Wolke" ist der Schlüsselbegriff der Himmelfahrtsgeschichte. "Eine Wolke entzog ihn ihren Blicken" will also sagen: Dieser Mensch Jesus von Nazaret wird durch den Tod hindurch in seiner Auferstehung als der "Christus" hineingenommen in die Lebensfülle und Herrlichkeit des geheimnisvollen Gottes, der sich in diesem Geschehen als der liebende Vater erweist.

Schaut nicht hinauf...

Eine wichtige Interpretation der Himmelfahrt Jesu enthält dieses Lied:

Schaut nicht hinauf, der Herr ist hier bei uns!  
Schaut nicht hinauf, der Herr ist hier bei uns,
jetzt noch verhüllt, doch bald  in Herrlichkeit,
wenn ihn alle sehn am Ende dieser Zeit.

1. Du meinst Christus lebt nicht mehr, denn er starb ja an dem Kreuz.
Du meinst falls er auferstand, fuhr er ja «am Himmel auf.
Floh das Elend dieser Welt, ließ als Waisen uns zurück;
aber spür doch daß er wirklich in uns lebt.

2. Dich bedrückt das Leid der Welt, daß die Bosheit üppig blüht,
daß man hungert in der Not, daß man ungetröstet stirbt.
Doch ich kenn den der das trug, er erstand von all dem Leid.
Darum glaub: Er hat das Unheil schon besiegt.

3. Was du siehst ist nur das Kreuz, denn daß er vom Tod erstand,
an des Vaters Seite herrscht und in unsrer Mitte lebt,
das erfährt nur der, der glaubt; doch gewiß kommt einst der Tag,
dann erscheint er klar und mächtig in der Welt.
Text und Melodie: Hoffmann/Mausberg/Norres/Schuhen
© EDITION WERRY; Mülheim a.d.Ruhr

Die Himmelfahrtsszene ein Jahr später (2007):
Nicht mehr der Engel steht im Mittelpunkt, sondern der Auferstandene selbst.


Die Szene verbindet zwei biblische Überlieferungen - die des Matthäus und die des Lukas. Sie zeigt Jüngerinnen und Jünger Jesu, die sich auf jenem Berg in Galiläa (oder war's in der Nähe von Betanien?) versammelt haben. Und wieder ist der Auferstandene urplötzlich mitten unter ihnen. "Einige hatten Zweifel", heißt es bei Matthäus - wie ja auch sonst über den Osterberichten immer die Spannung zwischen Erkennen und Nicht-Erkennen liegt. Letzendlich läßt die Begegnung mit Christus die Jünger auf die Knie fallen - betroffen von der Ausstrahlung des "Göttlichen Bereiches", in den hinein Er auferstanden ist. Wenige Augenblicke bevor Er "in den Himmel auffährt" und ihren Blicken entschwunden sein wird, bereitet Er segnend Seine Hände über sie aus: "Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt". Der segnende Christus hoch über unserem Altar erinnert uns daran, daß es in den österlichen Glaubenszeugnissen der Evangelien um uns selbst geht. Uns gilt die Verheißung des Auferstandenen, uns gilt Sein Segen.  

"Himmel" - Wo ist der?

"Während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben."

"Himmel" hat im Deutschen zwei Bedeutungen, die grundverschieden sind und miteinander wenig zu tun haben. Die englische Sprache kann uns da weiterhelfen. Die versteht nämlich unter "sky" jenen "Himmel", den wir gern den Spatzen oder auch den Flugzeugen und Raketen überlassen. Mit einem anderen Wort - "heaven" - bezeichnen Engländer dagegen jenen "göttlichen Bereich", in den Jesus aufgenommen wurde, und in den hinein auch wir berufen sind "aufzuerstehen" - in diesem Leben schon und zumal in jenem Leben, daß uns über den Tod hinaus verheißen ist.

Wir sollten deshalb nicht nur Kindern erklären, ein Verstorbener sei "bei Gott". Auch einem Erwachsenen kann man nichts Zutreffenderes sagen. Und den "Himmel auf Erden" gibt es fürwahr - nämlich wenn ein Mensch ganz zu Gott gehört. Das sollten wir einander wünschen an Christi Himmelfahrt.

 Himmelfahrt